Die Idee, einen Episodenfilm mit europäischen Geschichten
zu machen, hatte Hannes Stöhr schon Ende der 90er Jahre. Bis zur
Umsetzung brauchte es allerdings einige Jahre. „Viele fanden das
Projekt sehr spannend“,
erzählen die Produzentinnen Anne Leppin und Sigrid Hoerner, „aber
gleichzeitig gab es jede Menge roter Tücher: Episoden, Fußball,
sieben Sprachen. Die Finanzierung hat zwei Jahre gedauert, und wir mussten
für einen Film, der in vier Ländern gedreht werden sollte, mit
einem engen Budet auskommen.“ ARTE stieg als Fernsehpartner ein,
später kam das ZDF/ Das kleine Fernsehspiel dazu. Die Medienboard
Berlin-Brandenburg, die Filmstiftung NRW, die Mitteldeutsche Medienförderung
und Eurimages förderten das Projekt, als Koproduzenten wurden Workshop
und die spanische Filmanova gewonnen.
Bei der Drehbuchentwicklung ging es, wie Hannes Stöhr erklärt,
vor allem darum „eine klare Struktur zu schaffen, in ihrer Anlage
einfache Geschichten, mit denen wir so etwas wie die Poesie der kleinen
Dinge erzählen und das Alltägliche spannend machen konnten.
Wir wollten einen Erzählraum schaffen, der vor Ort den Gegebenheiten
angepasst werden konnte, der genügend Spielraum für die Schauspieler,
für Spontanes bot. Es ging um die Nuancen der europäischen Mentalitäten,
um Begegnungen, um so etwas wie den european way of life. Dazu musste
der Film so gebaut sein, dass die einzelnen Episoden für sich selbst
stehen, zusammen aber eine Einheit ergeben.“
Die Dreharbeiten in 4 Ländern stellten hohe Anforderungen an die
Produktion. Die Projektvorbereitung wurde zum Crashkurs in Zollbestimmungen,
Steuerrecht und Versicherungswesen. „Die Frage war, wie man 1,5
Tonnen Filmtechnik und Material in 63 Kisten zwischen vier Ländern
transportieren kann, so dass es keine Verzögerungen gibt“,
erzählt Anne Leppin. „Dann musste geklärt werden, wie
man russische Beleuchter versichert, wo die Sozialabgaben für einen
ungarischen Schauspieler fällig werden, der für eine deutsche
Produktion in Spanien dreht, oder wie man mit unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen
umgeht.“ Ein anderes Problem war der Geldtransfer – nach Moskau
fast unmöglich, in Istanbul ab einer bestimmten Größenordnung
komplizierten Bestimmungen unterworfen, dazu kamen horrende Gebühren
und oft verblüffend lange Bearbeitungszeiten. Die Lösung fanden
die Produzentinnen in der Wiederentdeckung des Bargelds – cash
and shoot.
Drei Wochen vor Drehbeginn unternahmen Hannes Stöhr,
Florian Hoffmeister, Regieassistent Peter Wedel und Szenenbildner Andreas
Olshausen die 4-Städte-Tour
ein erstes Mal. „Bestimmte Drehorte kannte ich aus eigener Erfahrung,
die hatte ich beim Schreiben schon im Kopf“, sagt Hannes Stöhr. „Jetzt
suchten wir zusätzliche Locations, arbeiteten an der Drehbuchauflösung
und trafen uns mit den lokalen Teams. Das zweite Mal, dass wir uns getroffen
haben, war dann beim Drehen.“
Gedreht wurde, einschließlich der Reise- und Vorbereitungstage,
vom 9. Juni bis 2. August 2004, das Kernteam bildeten Kamera, Ton, Ausstattung,
Kostüm, Oberbeleuchter, Regieassistenz und Produktionsleitung. Vor
Ort kam dann jeweils ein Landesteam dazu. „Alle wussten, dass es
anstrengend wird“, erinnert sich Sigrid Hoerner. „Wir haben
gemerkt, dass es immer wieder von vorne losgeht, dass man sich immer wieder
auf neue Situationen und eben auch auf verschiedene Mentalitäten
einstellen muss. Irgendwann gewöhnt man sich dann daran, und man
lacht darüber. Man wird irre, wenn man sich in Spanien, Moskau oder
Istanbul so verhalten würde wie hier. Es ist interessant, wenn man
sein eigenes Verhalten in so kurzer Zeit in vier Ländern gespiegelt
sieht.“
Das Drehen in vier Ländern machte umfangreiche Reiseplanungen notwendig,
Flüge und Hotels mussten gebucht, Drehgenehmigungen eingeholt, Terminabsprachen
mit den lokalen Filmteams getroffen werden. Puffer-Tage gab es nicht,
da in der drehfreien Zeit zwischen den Etappen die Technik verpackt und
verschickt werden musste – wegen der komplizierten Zollbestimmungen
immer über Berlin. „Wir haben ziemlich viel Glück gehabt“,
sagt Anne Leppin. „Alle Risiken, die es bei einer Filmproduktion
gibt, hatten wir vierfach. Aber die Technik hat durchgehalten, keiner
ist krank geworden, es wurde nichts geklaut, und selbst in Moskau haben
wir es geschafft, das Material in wenigen Tagen aus dem Zoll zu kriegen – obwohl
wir wegen der Funkschärfe für den Ton sofort in Spionageverdacht
geraten sind und außerdem die Anzahl der Kugelschreiber in den Kisten
nicht mit den Packlisten übereingestimmt hat.“
Die Postproduktion hielt mit dem Tempo der Dreharbeiten Schritt. Schon
während des Drehens hatte Anne Fabini mit dem Rohschnitt des Films
begonnen, Hannes Stöhr kam dann direkt nach Drehschluss hinzu. Anfang
Oktober war der Bildschnitt abgeschlossen, es folgten ein Monat Tonbearbeitung
(Frank Kruse), Musik (Florian Appl, eingespielt u.a. durch das Filmorchester
Babelsberg unter Bernd Wefelmeyer), ein weiterer Monat Mischung (Robby
Jäger) und Lichtbestimmung. „Wir haben diesen engen Zeitplan,
beim Drehen und in der Postproduktion, nur geschafft, weil wir uns gut
kannten, weil ein großes Vertrauen da war, angefangen bei den Redakteuren
Andreas Schreitmüller und Lucas Schmidt bis hin zu unserem Verleih
Piffl Medien“, sagt Hannes Stöhr. „Mit vielen hatte ich
auch schon gearbeitet, mit Florian Hoffmeister, Florian Appl, Anne Fabini,
mit Schauspielern wie Miguel de Lira, Boris Arquier, Tom Jahn... Das wird
dann so etwas wie eine Zirkusfamilie. Und die Zusammenarbeit mit Moneypenny
hat großen Spaß gemacht – und ihre Risikobereitschaft
und Geduld bei der Finanzierung und der ganzen Durchführung kann
man gar nicht hoch genug einschätzen.“
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